Batteriecycler-Mikrokalorimeter-Lösung

Stichwörter: Mikrokalorimetrie, Elektrochemie, Lithium-Ionen-Batterien, parasitäre Reaktionen, kombinierte Techniken

Abstract

Die Batteriecycler-Mikrokalorimeter-Lösung integriert das isotherme TAM IV Mikrokalorimeter von TA Instrument mit dem VSP-300-Potentiostat von BioLogic. Dieses System vereinfacht die hochkomplexen und arbeitsintensiven Aspekte der Batteriekalorimetrie und verbessert so die Leistung und den praktischen Nutzen dieser Technologie. Die Steuerung des Potentiostats und der Kalorimeter, der Import und die Korrelation beider Datensätze sowie die automatisierte Analysefunktion werden in der integrierten TAM Assistant-Software durchgeführt. Bei den vorverdrahteten Batteriehebern handelt es sich um Kalorimeter-Einsätze für die Aufnahme der Batterien , die den elektrischen Kontakt mit dem Potentiostat ermöglichen. Sie sind auf die Aufnahme dreier handelsüblicher Ausführungen von Lithium-Ionen-Batterien angepasst: zylindrische 18650er Zellen, Beutelzellen und Knopfzellen. Diese Lösung stellt ein außerordentlich beliebtes Instrument für Forschungs- und Entwicklungslabore dar und bietet mehr Informationen als andere aktuelle Techniken auf dem Markt.

Einführung

Herkömmliche Methoden zur Erforschung der Batteriechemie haben die Materialcharakterisierung und die Wärmeanalyse getrennt von elektrochemischen Tests behandelt. Die Materialcharakterisierung wurde zur Quantifizierung neuer Batteriekomponenten herangezogen und es wurde untersucht, wie sich diese Komponenten nach einem Zelldefekt verändert haben. Die Wärmeanalyse wurde zur Entwicklung besserer Wärmemanagementsysteme für Endanwendungen verwendet. Informationen dazu, welche Leistung die Batterie zeigt, welche Arten von Reaktionen in der Zelle ablaufen und wie sich die Batterie im Verlauf der Zeit verändert, wurden überwiegend den elektrochemischen Daten entnommen. Die mithilfe dieses herkömmlichen Forschungsablaufs gesammelten Informationen hinterließen viele blinde Flecken in der Chemie [1]. Batterien sind hochdynamische Systeme, die aus einer Mischung elektrochemischer und chemischer Reaktionen sowie struktureller Änderungen bestehen, die in jedem Zyklus auftreten. In elektrochemischen Analysen werden nur Informationen zu Prozessen ermittelt, die elektrische Reaktionen betreffen. Alle anderen Aktivitäten (chemische, phasische, strukturelle) wurden nicht charakterisiert. Es gibt zahlreiche Änderungsphasen zwischen einer neuen und einer defekten Batteriezelle und das Verstehen des Abbauprozesses erfordert weitaus mehr Informationen, als aktuelle Techniken bieten können [1,2].

Neue Ansätze konzentrieren sich auf die Kombination einer zweiten Analysetechnik mit der Elektrochemie, um den Batterieprozess während des Betriebs zu quantifizieren. Eine der führenden Strategien in diese Richtung zielt auf die Verknüpfung der isothermen Mikrokalorimetrie mit der Elektrochemie ab [3–6]. Das Wissen, dass die thermische Aktivität der Lithium-Ionen-Batterien von den elektrochemischen Einflüssen abhängig ist, führt zu signifikant höheren Einblicken als die Elektrochemie allein. Neben den allgemeinen Wärmemanagement-Daten kann die Kalorimetrie auch parasitäre Reaktionen (nicht-reversible Reaktionen, die zu einer Verschlechterung führen), strukturelle Änderungen, die Lithium-Beschichtung, die Geschwindigkeit der Selbstentladung und die Reaktionen in Zusammenhang mit dem Schichtenwachstum/-zerfall der Festelektrolyt-Zwischenphase messen [3–8]. Mit diesen Daten kann die Zusammensetzung der Batteriechemie besser verstanden und verbessert werden. Die Batteriekalorimetrie kann außerdem bei der Qualitätskontrolle zum Einsatz kommen, um aufgrund der ihr innewohnenden Kompatibilität mit handelsüblichen Zelldesigns schlecht hergestellte Zellen effektiver auszusortieren.

Zwar handelt es sich bei der elektrochemischen Kalorimetrie um ein leistungsstarkes Tool, dennoch ist aufgrund der Komplexität und der Feinheiten der Experimente vielen Forschern die Nutzung erschwert. Kombinierte oder Hybridinstrument-Techniken sind nach Abschluss des Experiments in der Regel mit einer langwierigen Datenverarbeitung zur Korrelation der Signale unterschiedlicher Geräte verbunden. Sie erfordern zudem mehrere Softwareschnittstellen, die den Benutzer dazu zwingen, die Startzeiten und Experimentparameter zu synchronisieren. Die Batteriecycler-Mikrokalorimeter-Lösung ist zur Behebung dieser Probleme und zur Vereinfachung der Batteriekalorimetrie konzipiert und integriert das Kalorimeter und den Potentiostat auf Hardware- und Softwareebene.

Batteriecycler-Mikrokalorimeter-Lösung

Das Batteriecycler-Mikrokalorimetrie-System integriert den BioLogic VSP-300-Potentiostat mit dem TA Instruments TAM IV-Wärmeflusskalorimeter (Abbildung 1). Die integrierte Software TAM Assistant steuert beide Geräte, dazu zählen die Experimenterstellung und die Echtzeit-Assimilierung des Wärmeflusses und der elektrochemischen Daten. Bei den vorverdrahteten Batteriehebern handelt es sich um Kalorimeter-Einsätze für die Aufnahme der Batterien und die Herstellung des elektrischen Kontakts mit dem Potentiostat. Diese Heber sind zur Leitung der in der Batterie entstehenden Wärme zum Kalorimeter vorgesehen und verringern das Rauschen von Wärmeschwankungen und der Drahterhitzung auf ein kleinstmögliches Maß. Die Verbindung zur Batterie wird mittels einer leitenden Federklammer hergestellt, sodass weder Lötarbeiten noch eine zusätzliche Isolierung erforderlich sind. Es gibt drei unterschiedliche Heber für Lithium-Ionen-Batterien mit herkömmlichen Abmessungen. Der Knopfzellen-Heber nimmt eine Knopfzelle mit einem Durchmesser von bis zu 23 mm auf. Dieser Heber ist mit 20-ml-Kalorimetern auf dem TAM IV kompatibel, einschließlich Mikrokalorimetern und der Multipack-Konfiguration (3er-Pack). In den Makrokalorimeter-Heber passen zylindrische Zellen mit der Standardgröße 18650, die überwiegend in Elektrofahrzeugen verwendet werden. Der Micro-XL-Heber nimmt Beutelzellen mit max. 50 mm Breite und 94 mm Länge auf. Die Laschen werden von einer einstellbaren Klammer (mit leitenden Kontakten) gehalten, um verschiedene Laschenabstände zu ermöglichen.

Abhängig von den Testanforderungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, TAM IV-Kalorimeter für einen maximalen Durchsatz zu konfigurieren. Wenn der TAM IV mit vier Multi-Kalorimetern und zwei VSP-300-Potentiostaten (mit jeweils 6 Kanälen) ausgestattet ist, kann ein Benutzer 12er-Knopfzellen gleichzeitig in verschiedenen Experimenten testen.

Figure 1: The Battery Cycler Microcalorimetry Solution integrates TA Instrument’s TAM IV heat flow calorimeter with BioLogic’s VSP 300 Potentiostat. The Pre-wired lifters house the batteries and make electrical contact with the potentiostat. Both instruments are controlled through an integrated TAM Assistant software.
Figure 1: The Battery Cycler Microcalorimetry Solution integrates TA Instrument’s TAM IV heat flow calorimeter with BioLogic’s VSP 300 Potentiostat. The Pre-wired lifters house the batteries and make electrical contact with the potentiostat. Both instruments are controlled through an integrated TAM Assistant software.

Integrierte Software

Aus der Perspektive des Arbeitsablaufs besteht der wichtigste Aspekt des Batteriecycler-Mikrokalorimeters in der Softwareintegration zwischen dem TAM IV und dem VSP 300. Der TAM Assistant 3.1 (oder höher) kann den TAM IV und den VSP-300-Potentiostat gleichzeitig steuern und ermöglicht so Batteriekalorimetrie-Experimente ausgehend von einer einzelnen Softwareschnittstelle. Die neuen Experimentassistenten sind in Abbildung 2 gezeigt. Der Experimentassistent führt den Benutzer durch die Auswahl einer Methode, die Anpassung von Parametern, das Laden der Probe und die Sicherstellung einer einwandfreien Ausgangslinien-Stabilität.

Eine Übersicht der verfügbaren Methoden finden Sie weiter unten.

  • Manuell: Kundenspezifische Experimente, die durch Auswahl von Maßnahmen, Wartezeiten und Ereignismarkern im Menü für das Ausführen der Sequenz programmiert werden.
  • Wärmemanagement (CCCV): Messung des Wärmeflusses während des Cyclings, primär für Wärmemanagement-Anwendungen vorgesehen. Mit dieser Methode werden unter Verwendung von CCCV-Parametern (constant current constant voltage) verschiedene Ladeprofile (schwankende Lade-/
    Entladungsraten) programmiert.
  • Entropieänderungen: Diese Methode besteht aus einem langsamen Zyklus (C/20), gefolgt von einem sehr langsamen Zyklus (C/100) für die maximale Auflösung in die strukturellen und Phasen-Änderungen, die während der Lithiierung/Delithiierung auftreten.
  • Reaktion im ersten Zyklus (Festelektrolyt-Zwischenphase): Methode für die Untersuchung der Bildungsreaktionen der Festelektrolyt-Zwischenphase. Bei dieser Methode wird ein geringer Ladestrom im unteren Spannungsbereich angelegt, bei dem eine Bildung der Festelektrolyt-Zwischenphase stattfindet (in der Regel unter 3,0 V), anschließend wird ein höherer Ladestrom angelegt, bis die obere Standardspannungsgrenze erreicht ist (in der Regel 4.2 V).
  • Vollzyklus-Störeffekte: Methode zur Messung der parasitären Leistung über den gesamten Spannungsbereich hinweg. Der generische Begriff „Störeffekte“ bezeichnet eine nicht reversible Nebenreaktion, die zur Batteriedgradation beiträgt.
  • Eng-Zyklus-Störeffekte: Methode zur Messung der parasitären Leistung über den gesamten Spannungsbereich hinweg. Dies ist eine schnellere Technik, wenn nur eine (oder mehrere) enge Spannungsfenster von Interesse sind.
  • Selbstentladung: Experiment für die Messung der Selbstentladungsgeschwindigkeit. Dadurch werden die herkömmliche Technik (Überwachung der Leerlaufspannung und anschließende Entladung zur Messung der Restkapazität) und die Wärmmethode für die Integration der produzierten Gesamtwärme über die Leerlaufzeit kombiniert.

Während des Experiments werden die thermischen und elektrochemischen Signale im gleichen Fenster geplottet (Abbildung 3). Um aussagekräftige Daten zu erhalten, werden die Daten mit einem bislang unerreicht hohen Präzisionsgrad korreliert. Beide Datensätze werden mit einem Zeitstempel versehen und von der Software während des Imports automatisch korreliert. Dies stellt eine signifikante Verbesserung gegenüber der manuellen Datenverarbeitung dar, die erheblich länger dauert und häufig Transkriptionsfehler aufweist.

Figure 2: New experiment wizard in TAM Assistant. User can choose from a variety of pre-set experiments and program custom run sequences for maximum flexibility.
Figure 2: New experiment wizard in TAM Assistant. User can choose from a variety of pre-set experiments and program custom run sequences for maximum flexibility.
Figure 3: Real-time data integration of the potentiostat and calorimeter signals. Voltage and Heat Flow labels were added for clarity.
Figure 3: Real-time data integration of the potentiostat and calorimeter signals. Voltage and Heat Flow labels were added for clarity.

Analysetools

Nach Abschluss des Experiments stehen in der Ergebnisdatei mehrere Analyseoptionen zur Verfügung. Die integrierte Software TAM Assistant berechnet automatisch die Schlüsselwerte und stellt sie tabellarisch oder grafisch dar. Es gibt verschiedene Optionen für die X-Ache und die Y-Achse, die Möglichkeit, mehrere Zyklen zu überlagern und die Option, Laden von Entladen zu trennen (siehe Abbildung 4). Diese Tools sind für eine größtmögliche Flexibilität, Geschwindigkeit und Bedienerfreundlichkeit vorgesehen, so dass der Benutzer Trends oder Funktionen leichter in den Daten findet. Die Übersichtstabelle zeigt die gemittelten oder akkumulierten Signale an, wie z. B. die Coulombsche Effizienz und die durchschnittliche parasitäre Leistung. Weitere Informationen zu Berechnungen, zur Theorie und Kalibrierung finden Sie in dem Anwendungshinweis von TA Instruments mit dem Titel „Bestimmung der parasitären Leistung in Lithium-Ionen-Batterien mithilfe des Batteriecycler-Mikrokalorimeters“.

Figure 4: Automated Plotting of raw signals and calculated values.
Figure 4: Automated Plotting of raw signals and calculated values.

Fazit

Die Kalorimetrie von vollständig geladenen Batteriezellen ist ein wertvolles Tool für Wärmemanagement, Elektrolytenzusatz-Forschung, aktive Materialformulierungen und Qualitätskontrolle. Die Schwierigkeit dieser Technologie bestand in der Komplexität der Experimente und der arbeitsintensiven Datenverarbeitung. Die Batteriecycler-Mikrokalorimeter-Lösung integriert den TAM IV mit dem VSP-300 auf Hardware- und Softwareebene zur Verbesserung der Zugänglichkeit, Zuverlässigkeit und für den allgemeinen Nutzen der Batteriekalorimetrie.

Literaturhinweise

    1. Liu D, Shadike Z, Lin R, Qian K, Li H, Li K, Wang S, Yu Q, Liu M, Ganapathy S, Qin X, Yang QH, Wagemaker M, Kang F, Yang XQ, Li B. Review of Recent Development of In Situ/Operando Characterization Techniques for Lithium Battery Research. Adv Mater. 2019, 28, 1806620.
    2. Matthew G. Boebinger, John A. Lewis, Stephanie E. Sandoval, and Matthew T. McDowell. Understanding Transformations in Battery Materials Using in Situ and Operando Experiments: Progress and Outlook. ACS Energy Letters,2020,5 (1), 335-345.
    3. L.J. Krouse, L.D. Jensen, J.R. Dahn. Measurement of Parasitic Reactions in Li Ion Cells by Electrochemical Calorimetry. J. Electrochem. Soc. 2012, 159 (7), A937-A943.
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    5. L.J. Krouse, L.D. Jensen, V.L. Chevrier. Measurement of Li-Ion Battery Electrolyte Stability by Electrochemical Calorimetry. J. Electrochem. Soc. 2017, 164 (4), A889-A896.
    6. Alexander Kunz, Clara Berg, Franzika Friedrich, Hubert A. Gasteiger, Andreas Jossen. Time-Resolved Electrochemical Heat Flow Calorimetry for the Analysis of Highly Dynamic Processes in Lithium-Ion Batteries. J. Electrochem. Soc. 2022, 169, 080513.
    7. J.C. Burns, Adil Kassam, N.N. Sinha, L.E. Downie, Lucie Solnickova, B.M. Way, J.R. Dahn. Predicting and Extending the Lifetime of Li-Ion Batteries. J. Electrochem. Soc. 2013, 160, A1451.
    8. Downie, Laura, Krause, L., Burns, J, Jensen, L, Chevrier, V, Dahn, J. In Situ Detection of Lithium Plating on Graphite Electrodes by Electrochemical Calorimetry. Journal of The Electrochemical Society. 2013, 160, A588-A594.

Danksagung

Diese Veröffentlichung wurde von Jeremy May, PhD, bei TA Instruments verfasst.

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